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Sheki - Grenzerfahrungen

Zwei Grenzsoldaten kamen auf mich zu, riefen etwas in einer unbekannten Sprache. Ihre Hände umklammerten hölzerne Jagdgewehre. Auch die grüne Uniform schien aus einem Museum entwendet worden zu sein. Verwundert blickte ich mich um. Wie ein Kessel umrahmten die schneebedeckten Berge das strauchbewachsene Flachland. Mich hatte es näher an die Bergspitzen getrieben. Nirgends war ein Weg gezeichnet, also war ich in dieses Nichts losgewandert, vor mir der Gipfel als Orientierungspunkt. Zunächst war ein reißender Gebirgsstrom zu durchqueren gewesen. Von Steinplateau zur nächsten Steinplatte war ich gehüpft. Am anderen Ufer wartete schon das breite Tal, spärlich von Gräsern und Büschen bewachsen, das gen Berge zeigte. In diese Richtung ging der Marsch auf menschenleeren Pfaden. Kein Vogel begleitete mit Gesang, keine Feldmäuse oder Lurche huschten aufgeschreckt in ihre Verstecke zurück. Dieser Ort schien ganz allein mir zu gehören, oder ich ging in ihm auf. Mit jedem Schritt wurden die Berge höher, was meine Schritte beflügelte. Doch dann stoppten die Karabiner prompt den Aufstieg. Hinter den Büschen tauchten sie auf. In ihren filzigen Mänteln wirkten sie wie Wichtel und trieben böse Späße. Hektisch lief einer hinter die Sträucher zurück. Da bemerkte ich ein kleines Wachgestell, wie die Gewehre aus der umgebenden Natur entrissenem Holz gefertigt. Dort angehängt befand sich ein Dienstmelder. Während ich vor dem anderen Soldaten unschlüssig herumstand, der begierig auf meinen kleinen Proviant aus Müsliriegeln starrte, telefonierte der Dienstkollege mit seinem Vorgesetzten. Vielleicht saß der angerufene Offizier in einem der marmornen Paläste in Baku und besprach sich nun mit seinem Untergebenen, den er aus mir unbekannten Beweggründen in die Wildnis geschickt hatte. Währenddessen hatte meine Wache die Gier überwältigt und er streckte die Hand nach meinen Snacks sowie der Wasserflasche aus. Zu allem Überfluss kam noch der andere Wicht zurück und baute sich vor mir auf. Sein Kollege hatte sich schon die Leckereien gekrallt. Viel gab es bei mir nicht mehr zu holen. Doch dann kam es ganz anders. Beherzt nahm der Zurückgekehrte seinem Kollegen die entwendeten Snacks ab, dann teilte er gerecht unter uns dreien auf. Danach wies er hinter mich und ich verstand. So kehrte ich zum Anfang des Weges zurück. Die Berge waren zum Greifen nahe gewesen, doch blieben sie unerreichbar. Ich habe Abkehr von den Menschen gesucht, stattdessen war mir eine Begegnung widerfahren, welche darauf hoffen lässt, dass Menschen auch in der Wildnis einem Fremden Gerechtigkeit erweisen können.